
BGH: Anforderungen an Werbung mit durchschnittlicher Sternebewertung
Juli 29, 2024 1:00 pm Schreibe einen KommentarMindestanforderungen bei Kundenbewertungen
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage entschieden, ob bei der Werbung mit einer durchschnittlichen Sternebewertung neben der Angabe der Gesamtzahl und des Zeitraums der zugrundeliegenden Kundenbewertungen eine Aufgliederung nach den einzelnen Sterneklassen erforderlich ist.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte bot auf ihrer Internetseite die Vermittlung von Immobilienverkäufern an Immobilienmakler an. Sie warb unter anderem mit durchschnittlichen Sternebewertungen ihrer Kunden, ohne Angaben zur Gesamtzahl der Bewertungen, zum Zeitraum der berücksichtigten Bewertungen und zur Aufgliederung nach den einzelnen Sterneklassen zu machen.
Die Klägerin hält diese Werbung für unlauter und nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, mit Kundenbewertungen unter Angabe einer durchschnittlichen Sternebewertung zu werben, ohne gleichzeitig die Gesamtzahl und den Zeitraum der berücksichtigten Kundenbewertungen zu nennen. Den Antrag auf Unterlassung einer Werbung ohne Aufschlüsselung der Kundenbewertungen nach Sterneklassen hat das Landgericht abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es hat gemeint, bei der von der Klägerin begehrten Aufschlüsselung nach den einzelnen Sterneklassen handele es sich aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers zwar um eine nützliche, nicht aber um eine wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 1 UWG, weil ihr neben der Angabe der durchschnittlichen Sternebewertung kein erhebliches Gewicht für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zukomme.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den abgewiesenen Unterlassungsantrag weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, bei der Aufgliederung nach Sterneklassen handele es sich nicht um eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG, begegnet auf Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Bedenken. Danach ist dem angesprochenen Durchschnittsverbraucher aufgrund seiner Erfahrung bekannt, dass einer durchschnittlichen Sternebewertung in aller Regel unterschiedlich gute und schlechte Bewertungen zugrunde liegen und die Bewertungen – zum Teil erheblich – divergieren. Anhand der Gesamtzahl und des Zeitraums der berücksichtigten Bewertungen kann er abschätzen, wie aussagekräftig die angegebene Durchschnittsbewertung ist. Die von der Klägerin begehrte Aufgliederung nach Sterneklassen vermittelt daneben keine wesentliche Information. Insbesondere kann sie keinen Aufschluss über die Gründe geben, die einen Kunden zur Abgabe einer bestimmten Bewertung bewogen haben.
Vorinstanzen:
LG Hamburg – Urteil vom 16. September 2022 – 315 O 160/21
OLG Hamburg – Urteil vom 21. September 2023 – 15 U 108/22
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 3 UWG
(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. […]
§ 5a UWG
(1) Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irre-führt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,
1. die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
2. deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. […]
§ 8 UWG
(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. […]
Nr. 154/2024
Urteil vom 25. Juli 2024 – I ZR 143/23
Karlsruhe, den 25. Juli 2024
Redaktionelle Infos
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland und hat mehrere wichtige Funktionen:
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2. **Rechtsprechung in Strafsachen**: Der BGH ist auch das höchste Gericht für Revisionen und Rechtsbeschwerden in Strafsachen. Hier überprüft er, ob die Vorinstanzen in Strafprozessen das Recht korrekt angewendet haben. Er klärt wichtige Fragen des Strafrechts und sorgt für eine einheitliche Rechtsprechung.
3. **Normenkontrollfunktion**: Der BGH kann auch über die Vereinbarkeit von Rechtsnormen mit höherrangigem Recht entscheiden, wenn dies in einem konkreten Fall relevant ist. Diese Normenkontrolle dient der Sicherstellung, dass untergeordnete Rechtsnormen mit den grundgesetzlichen Vorgaben im Einklang stehen.
4. **Beratung des Gesetzgebers**: Der BGH hat eine beratende Funktion für den Gesetzgeber. Durch seine Entscheidungen und die darin enthaltenen Rechtsauslegungen gibt er Hinweise, wie Gesetze ausgelegt und angewendet werden sollten. Diese Urteile können als Orientierung für künftige Gesetzesänderungen dienen.
5. **Rechtsfortbildung**: Der BGH entwickelt das Recht weiter, indem er neue Rechtsfragen klärt und bestehende Rechtsnormen im Licht aktueller Entwicklungen interpretiert. Dadurch passt er das Recht an die sich verändernden gesellschaftlichen Verhältnisse an.
Quellen:
– Bundesgerichtshof: [BGH]
– Deutsches Rechtswesen: [Justizportal]
Diese Funktionen verdeutlichen die zentrale Rolle des BGH in der deutschen Rechtsprechung und Rechtsentwicklung.
Stichwörter: Bewertungen, BGH