
Deutsche Handelsschifffahrt: Rückgrat von Wirtschaft und Sicherheit in stürmischen Zeiten
März 12, 2025 12:03 pmJahrespressekonferenz des Verbands Deutscher Reeder
Die jüngst vom Verband Deutscher Reeder (VDR) auf seiner Jahrespressekonferenz vorgelegten aktuellen Wirtschaftskennzahlen zur Lage der deutschen Handelsschifffahrt untermauern: Trotz geopolitischer Turbulenzen und unsicherer Zeiten in der internationalen Handelspolitik bleibt die deutsche Schifffahrt ein verlässlicher Garant für die Wirtschaftskraft und Versorgungssicherheit der Bundesrepublik. Rund 62 Prozent der deutschen Exporte und 60 Prozent der Importe werden über See abgewickelt – ein Beleg dafür, wie essenziell ein funktionierender Seehandel und eine wettbewerbsfähige Handelsflotte für den Fortbestand unserer Exportnation sind.
Starke Leistung in unsicheren Zeiten
Die Zahlen sind eindrucksvoll: Mit nahezu 290 in Deutschland ansässigen Reedereien und einer Flotte von 1.764 Schiffen sowie einer Bruttoraumzahl (BRZ) von 47,4 Millionen steht Deutschland auch in diesem Jahr wieder auf Platz sieben der weltweit führenden Handelsschifffahrtsnationen. Deutschlands Handelsflotte sichert rund 500.000 Arbeitsplätze in der maritimen Wirtschaft und bildet im Krisenfall den lebenswichtigen Verkehrsträger zur Sicherung der Versorgung der Bundesrepublik mit wichtigen Gütern, Rohstoffen und Energie.
VDR-Präsidentin Gaby Bornheim betont: „Ohne eine starke, eigenständige Handelsschifffahrt gibt es weder wirtschaftliche Stabilität noch nationale Sicherheit – gerade in Zeiten, in denen die geo- und handelspolitischen Risiken stetig zunehmen.“
Zwischen geopolitischen Krisen und protektionistischen Kurswechseln
Zunehmende Spannungen auf wichtigen internationalen Seehandelswegen – vom Südchinesischen Meer über die Straße von Taiwan bis hin zu den Gewässern rund um das Schwarze und Rote Meer – stören nicht nur den globalen Handel über See, sondern bergen das erhebliche Risiko von Angriffen auch auf deutsche Handelsschiffe und Blockaden wichtiger Seestrecken für den deutschen Im- und Export. Der VDR mahnt: Nationale Interessen dürfen nicht auf Kosten des freien, globalen Warenflusses gehen. Auch die in der Welt steigenden protektionistischen Tendenzen in der Handelspolitik fordern die deutsche Schifffahrt. Höhere Zölle und restriktive Maßnahmen, die nationale Märkte abschotten sollen, führen zu zerschnittenen Lieferketten und steigenden Transportkosten. Für Reedereien bedeutet dies nicht nur mögliche längere Handelswege und höhere Betriebskosten, sondern insbesondere eine erhebliche Planungsunsicherheit im globalen Warenverkehr. Diese Herausforderungen werden durch die jüngsten protektionistischen Ankündigungen aus den USA zusätzlich verschärft. Die von Präsident Trump angekündigte Einführung von 25-prozentigen Zöllen auf europäische Waren seitens der USA, wie auch eine von den USA geplante Erhebung millionenschwerer Gebühren auf in China gebaute Schiffe beim Anlaufen von US-Häfen sorgen für erhebliche Verunsicherung in der deutschen und globalen Handelsflotte. Gleichzeitig ist nicht mehr auszuschließen, dass sich die US-Regierung zunehmend aus sicherheitspolitischen Verpflichtungen zurückzieht. Damit wächst auch für Deutschland die Notwendigkeit zur langfristigen Sicherung der eigenen Versorgung und als strategische Antworten auf die sich verändernde globale Handels- und Sicherheitsarchitektur die eigene Handelsflotte zu stärken und ihren Bestand zu sichern.
„Als führende Exportnation und rohstoffarmes Land sind wir auf gesicherte und freie Handels- und Seewege angewiesen. Es bedarf einer konsequenten nationalen maritimen Sicherheitsstrategie, einer verstärkten Marinepräsenz und einer intensiveren Kooperation zwischen Sicherheitsbehörden und der Handelsflotte. Sicherheit kostet – Zögern kostet mehr“, warnt VDR-Hauptgeschäftsführer Martin Kröger.
Deutsche Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich
Obwohl Deutschland als bedeutender Schifffahrtsstandort weiter stark aufgestellt ist, offenbart der internationale Vergleich Herausforderungen: In der Containerschifffahrt steht Deutschland (30,2 Mio. BRZ) mittlerweile hinter der Schweiz (34,7 Mio. BRZ) und China (31 Mio. BRZ) auf Rang drei – ein deutliches Signal für den intensiven Wettbewerb auf globaler Ebene. Der VDR fordert daher eine gezielte und langfristig angelegte Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Reedereien und des deutschen Schifffahrtsstandortes, um international den Anschluss nicht zu verlieren.
„Der internationale Wettbewerb der Handelsflotten und Schifffahrtsstandorte ist hoch und dynamisch – der Konkurrenzdruck zunehmend spürbar. Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit unserer deutschen Handelsflotte langfristig sichern und konsequent insbesondere unseren maritimen Mittelstand stärken“, fordert Kröger. Die Mehrzahl der deutschen Reedereien ist mittelständisch geprägt. 80 Prozent der Unternehmen haben weniger als zehn Schiffe. Jedes zweite Schiff der deutschen Handelsflotte fährt unter der Flagge eines EU-Landes, insbesondere unter der deutschen und portugiesischen.
Erneut positiver Impuls für den Nachwuchs
Besonders erfreulich: Die Zahlen der Berufsanfänger in der Schifffahrt sind im Ausbildungsjahr 2024 um satte 14 Prozent gestiegen. Mit 499 Neueinsteigern auf See (Vorjahr 418) und 214 an Land (Vorjahr 208) zeigt sich, dass immer mehr junge Menschen die vielfältigen Chancen und Zukunftsperspektiven der Schifffahrt erkennen – ein wichtiger Baustein zur Sicherung des maritimen Knowhows und damit der Stärkung des deutschen Schifffahrtsstandorts, aber auch für die Transformation der Branche zur Klimaneutralität.
„Die Schifffahrt braucht visionäre und motivierte Nachwuchskräfte, die nicht nur die Zukunft der Branche aktiv gestalten wollen, sondern auch mit uns den entscheidenden Schritt in eine klimaneutrale Ära wagen. Es ist äußerst ermutigend zu beobachten, wie immer mehr junge Talente die riesigen Chancen in der Schifffahrt erkennen und voller Begeisterung diese Herausforderung annehmen,“ erklärt Bornheim.
Bürokratie hemmt Wachstum
Neben den geo- und handelspolitischen Unsicherheiten werden gerade deutsche Reedereien mit einem immer dichter werdenden Verwaltungsdschungel in Europa konfrontiert. Doppelte Meldepflichten und regionale Sonderregelungen im Klimaschutz belasten den Schiffsbetrieb unnötig und mindern die Wettbewerbsfähigkeit. „Es ist höchste Zeit, dass Europa und Deutschland ihre zweifelhafte Führungsrolle in überbordender Bürokratie und in regionalen Sonderregelungen ablegen. Schlankere Prozesse und international einheitliche Klimaschutzauflagen sind unabdingbar, um Deutschlands Wirtschaftskraft auf See zu sichern“, erklärt Kröger.
Alle detaillierten Zahlen und weiterführenden Informationen zur deutschen Handelsschifffahrt finden Sie unter: www.reederverband.de
Über den Verband Deutscher Reeder
Der Verband Deutscher Reeder (VDR) vertritt die gemeinsamen wirtschafts- und sozialpolitischen Interessen der deutschen Reedereien auf der Ebene des Bundes und der Länder sowie gegenüber europäischen und internationalen Instanzen. Der VDR wurde 1907 gegründet und hat sich 1994 mit dem Verband der Deutschen Küstenschiffseigner zusammengeschlossen. Mit rund 200 Mitgliedern vertritt der VDR den größten Teil der deutschen Handelsflotte.
Bildtitel & Copyrights:
– Dr. Gaby Bornheim – Präsidentin – VDR/Ulrich Perrey
– Dr. Martin Kröger – Hauptgeschäftsführer – VDR/Ulrich Perrey
Stichwörter: Handelsschiffahrt, Reeder
Kategorie: News, Unternehmen