Die Welt produziert mehr Plastik als jemals zuvor: Ein Überblick über die Plastikproduktion 2023
November 28, 2024 9:23 am Schreibe einen KommentarTaten lassen auf sich warten
Die Plastikproduktion hat weltweit einen neuen Höchststand erreicht. Laut aktuellen Daten des Wirtschaftsverbands PlasticsEurope wurde im Jahr 2023 eine beeindruckende Menge von rund 414 Millionen Tonnen Kunststoff produziert. Dies entspricht einem Anstieg von fast zwölf Prozent im Vergleich zu vor fünf Jahren. Die Zahlen werfen ein Schlaglicht auf die Herausforderungen der globalen Kunststoffindustrie und deren Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen, während der Anteil an recycelten und biobasierten Kunststoffen weiterhin marginal bleibt.
Ein Blick auf die Grundlagen der Plastikproduktion
Plastik ist aus unserem modernen Leben nicht wegzudenken. Es ist vielseitig, leicht, haltbar und kostengünstig herzustellen. Doch diese Vorzüge haben auch ihre Schattenseiten. Über 90 Prozent der weltweit produzierten Kunststoffe basieren auf fossilen Rohstoffen wie Erdöl und Erdgas. Diese Abhängigkeit macht die Plastikindustrie zu einem bedeutenden Treiber von Treibhausgasemissionen. Die Umstellung auf nachhaltigere Alternativen steht zwar auf der Agenda vieler Akteure, jedoch bleibt der Fortschritt langsam. Die fossile Basis der Plastikproduktion stellt nicht nur eine Umweltbelastung dar, sondern auch ein wirtschaftliches Risiko. Die Preisvolatilität von Rohöl und Erdgas sowie geopolitische Unsicherheiten können die Kosten für die Herstellung von Kunststoffen stark beeinflussen. Trotzdem ist die Nachfrage nach Plastik ungebrochen – getrieben durch wachsende Bevölkerungszahlen, steigenden Konsum und die fortschreitende Urbanisierung.
Recycling: Eine große Lücke zwischen Anspruch und Realität
Viele Verpackungen, die im Supermarktregal stehen, tragen das Label „recycelbar“. Doch was bedeutet das tatsächlich? Laut der Daten von PlasticsEurope und einer Grafik von Statista macht recycelter Kunststoff nur rund neun Prozent der globalen Plastikproduktion aus. Das steht in starkem Kontrast zu den Erwartungen vieler Verbraucher, die zunehmend auf nachhaltige Produkte achten.
Die geringe Recyclingquote lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen:
1. **Technische Herausforderungen**: Viele Kunststoffe bestehen aus Mischmaterialien, die schwer zu trennen und zu recyceln sind.
2. **Mangelnde Infrastruktur**: Insbesondere in Entwicklungsländern fehlt es an den notwendigen Anlagen und Systemen zur Abfallverwertung.
3. **Ökonomische Faktoren**: Frisch hergestelltes Plastik aus fossilen Rohstoffen ist häufig günstiger als recyceltes Material. Dies untergräbt die Wettbewerbsfähigkeit des Recyclings.
Darüber hinaus landet ein erheblicher Teil des Plastikmülls in Deponien oder wird verbrannt, was die Umwelt zusätzlich belastet. Der Anteil von Plastik, das tatsächlich in den Materialkreislauf zurückgeführt wird, bleibt alarmierend niedrig.
Biobasierte Kunststoffe: Ein Nischenprodukt
Neben recyceltem Plastik gibt es biobasierte Kunststoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen wie Stärke, Zellulose, Ölsaaten oder Holz hergestellt werden. Doch ihr Beitrag zur globalen Plastikproduktion ist verschwindend gering. Mit einem Anteil von nur 0,7 Prozent spielen diese Kunststoffe kaum eine Rolle auf dem Weltmarkt.
Die geringe Verbreitung biobasierter Kunststoffe hat mehrere Gründe:
– **Hohe Produktionskosten**: Im Vergleich zu konventionellem Plastik sind biobasierte Alternativen teurer in der Herstellung.
– **Begrenzte Einsatzmöglichkeiten**: Nicht alle biobasierten Kunststoffe verfügen über die gleichen Eigenschaften wie herkömmliches Plastik, was ihre Anwendbarkeit einschränkt.
– **Ressourcenkonkurrenz**: Die Herstellung von Bioplastik steht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, da oft landwirtschaftliche Rohstoffe wie Mais oder Zuckerrohr verwendet werden.
Obwohl die Forschung an innovativen Materialien und Prozessen voranschreitet, bleibt der Marktanteil biobasierter Kunststoffe minimal.
Umweltauswirkungen und die Dringlichkeit von Lösungen
Die steigende Plastikproduktion hat schwerwiegende ökologische Folgen. Jährlich gelangen Millionen Tonnen Plastik in die Umwelt, insbesondere in die Ozeane, wo sie das marine Ökosystem erheblich schädigen. Mikroplastik, das durch die Zersetzung größerer Plastikstücke entsteht, ist mittlerweile überall zu finden – in Böden, Gewässern und sogar in der menschlichen Nahrungskette.
Die Klimabelastung durch die Plastikproduktion ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Studien zeigen, dass die Herstellung und Entsorgung von Kunststoff jährlich Hunderte Millionen Tonnen CO₂-Emissionen verursacht. Ohne eine deutliche Reduktion der Plastikproduktion und eine Umstellung auf nachhaltigere Alternativen wird es schwierig, globale Klimaziele zu erreichen.
Lösungsansätze für die Plastikproblematik
Um die Plastikflut einzudämmen, sind auf verschiedenen Ebenen Maßnahmen erforderlich:
1. **Förderung des Recyclings**:
– Ausbau der Recyclinginfrastruktur und Verbesserung der Sortiertechnologien.
– Einführung von Anreizen für Unternehmen, recycelte Materialien zu nutzen.
– Strengere Vorschriften für die Gestaltung von Produkten, um die Wiederverwertung zu erleichtern.
2. **Reduktion der Plastikproduktion**:
– Entwicklung und Förderung von Alternativen wie Mehrwegverpackungen.
– Einführung von Plastiksteuern oder anderen finanziellen Maßnahmen, um den Einsatz von Primärplastik unattraktiver zu machen.
3. **Forschung und Entwicklung**:
– Investitionen in die Entwicklung neuer Materialien, die biologisch abbaubar oder einfacher zu recyceln sind.
– Förderung biobasierter Kunststoffe, ohne die landwirtschaftliche Produktion zu belasten.
4. **Bewusstseinsbildung und Konsumverhalten**:
– Aufklärung der Verbraucher über die Umweltauswirkungen von Plastik.
– Förderung eines nachhaltigen Konsumverhaltens, beispielsweise durch den Verzicht auf Einwegprodukte.
Fazit
Die Welt produziert mehr Plastik als jemals zuvor, und die Zahlen für 2023 verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf. Während fossile Rohstoffe weiterhin die Grundlage der Plastikproduktion bilden, bleibt der Anteil an recyceltem und biobasiertem Kunststoff erschreckend niedrig. Um die ökologischen und klimatischen Folgen dieser Entwicklung einzudämmen, sind umfassende Maßnahmen auf globaler, nationaler und individueller Ebene notwendig.
Nur durch eine Kombination aus technologischen Innovationen, politischen Maßnahmen und verändertem Konsumverhalten kann es gelingen, die Plastikflut zu stoppen und eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten. Die Daten von PlasticsEurope und Statista sind ein Weckruf – jetzt gilt es zu handeln.
Mehr Infografiken finden Sie bei Statista
Redaktionelle Infos
EU Projekte zum Plastikproblem
Die Europäische Union (EU) hat verschiedene Initiativen und Investitionen gestartet, um das Plastikproblem anzugehen. Eine bedeutende Maßnahme ist die Einführung der sogenannten Kunststoff-Eigenmittel. Seit dem 1. Januar 2021 leisten die Mitgliedstaaten Beiträge zum EU-Haushalt, die auf der Menge der nicht recycelten Kunststoffverpackungsabfälle basieren. Diese Regelung soll Anreize schaffen, Verpackungsabfälle zu reduzieren und den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft zu fördern.
Zudem hat die Europäische Investitionsbank (EIB) in Zusammenarbeit mit anderen Finanzinstitutionen die “Clean Oceans Initiative” ins Leben gerufen. Dieses Projekt zielt darauf ab, die Verschmutzung der Ozeane durch Plastik zu reduzieren, indem bis 2025 insgesamt 4 Milliarden Euro für entsprechende Projekte bereitgestellt werden. Die Initiative konzentriert sich auf die Finanzierung von Abfallmanagement- und Recyclingprojekten, insbesondere in Fluss- und Küstengebieten, um den Plastikeintrag in die Meere zu verringern.
Des Weiteren hat die EU im Rahmen des europäischen Grünen Deals und des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft eine Kunststoffstrategie entwickelt. Diese Strategie zielt darauf ab, die Umweltauswirkungen von Kunststoffen zu minimieren und den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft zu fördern. Sie umfasst Maßnahmen zur Verbesserung des Recyclings, zur Reduzierung von Einwegkunststoffen und zur Förderung innovativer Materialien.
Zusätzlich hat die EU im September 2023 eine Verordnung erlassen, die die absichtliche Verwendung von Mikroplastik in Produkten einschränkt. Ziel ist es, die Verschmutzung durch Mikroplastik bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren.
Diese Maßnahmen und Investitionen unterstreichen das Engagement der EU, das Plastikproblem umfassend anzugehen und nachhaltige Lösungen zu fördern.
Quelle
https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/eu-budget/long-term-eu-budget/2021-2027/revenue/own-resources/plastics-own-resource_de
https://www.eib.org/de/press/all/2023-084-plastic-pollution-new-study-finds-at-least-6-7-billion-investment-gap-to-meet-europe-plastics-recycling-targets
https://environment.ec.europa.eu/strategy/plastics-strategy_en
https://germany.representation.ec.europa.eu/news/neue-eu-verordnung-verhindert-umwelt-verschmutzung-durch-mikroplastik-2023-09-25_de
- https://internet-weekly.de
- OpenAI, IW,
- https://internet-weekly.de/de-eu-mehrwegquoten-erfuellbar-bei-reibungsloser-ruecknahme/
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