Seepiraterie

Halbjahresbericht Seepiraterie: Weniger Angriffe auf Schiffe, aber kein Grund zur Entwarnung

Juli 30, 2024 3:42 pm Veröffentlicht von Schreibe einen Kommentar

84% der Schiffe erfolgreich geentert

In seinem jüngst veröffentlichten Bericht für das erste Halbjahr 2024 verzeichnet das International Maritime Bureau (IMB) der ICC insgesamt 60 Vorfälle von Piraterie und bewaffneten Raubüberfällen auf Schiffe – und damit etwas weniger als im Vorjahreszeitraum (65 Vorfälle). 84% der ins Visier genommenen Schiffe wurden von den Tätern erfolgreich geentert (46) bzw. entführt (vier); zwei Schiffe wurden beschossen und es gab acht Angriffsversuche. Die Gewalt gegen Besatzungsmitglieder hat deutlich zugenommen: 85 Personen wurden als Geiseln genommen (gegenüber 36 im Vorjahreszeitraum), elf Personen entführt und zwei bedroht.

Oliver Wieck, ICC Germany-Generalsekretär, kommentierte:

„Die Gefahr durch Piraterie auf den Weltmeeren ist nach wie vor hoch, die Bedrohung für Leib und Leben der Besatzungen hat deutlich zugenommen. Nur durch eine engere internationale und regionale Zusammenarbeit können die internationalen Seewege offen und sicher gehalten und Frachtschiffe und ihre Besatzungen nachhaltig geschützt werden. Dies ist nicht nur für die Exportnation Deutschland, sondern für den gesamten Welthandel von elementarer Bedeutung.“

Vorsicht in somalischen Gewässern

Die Piraterie vor der Küste Somalias stellt nach wie vor eine Bedrohung dar. Im ersten Halbjahr 2024 wurden acht Vorfälle gemeldet, darunter drei Entführungen. Die jüngsten Überfälle zeigen, dass somalische Piraten inzwischen in der Lage sind, Schiffe bis zu 1.000 Seemeilen vor der Küste anzugreifen.

Besorgnis um Besatzungen im Golf von Guinea

Auch wenn die Zahl der Vorfälle im Golf von Guinea von 14 auf zehn zurückgegangen ist, bleibt die Gefahr für die Besatzungen hoch. In der Region wurden elf Personen entführt und 21 als Geiseln genommen.

Rückgang in der Straße von Singapur

Die Zahl der gemeldeten Vorfälle in der Straße von Singapur ist deutlich zurückgegangen: 13 im ersten Halbjahr 2024 gegenüber 20 im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Ein möglicher Grund könnte sein, dass nun gezielt größere Schiffe geentert werden.

Zunahme der Vorfälle im indonesischen Archipel und in Bangladesch

Das IMB registrierte im vergangenen Halbjahr zwölf Vorfälle im indonesischen Archipel, die höchste Zahl seit 2020, als im gleichen Zeitraum 15 Vorfälle gemeldet wurden. Eine neue Gefahrenzone für die Schifffahrt stellt Bangladesch dar, wo die Zahl der Vorfälle von einem im ersten Halbjahr 2023 auf zehn im Jahr 2024 deutlich angestiegen ist.


Seepiraterie

 

Redaktionelle Infos

Seepiraterie weltweit

In den letzten fünf Jahren hat sich die Seepiraterie weltweit erheblich verändert, wobei bestimmte Regionen weiterhin Hotspots für Piratenaktivitäten bleiben.

1. **Globaler Trend**: Laut dem International Maritime Bureau (IMB) gab es im Jahr 2023 insgesamt 120 gemeldete Vorfälle von Piraterie und bewaffnetem Raubüberfall auf Schiffe, was einen leichten Anstieg gegenüber den 115 Vorfällen im Jahr 2022 darstellt. Diese Zahlen folgen einem rückläufigen Trend von 195 Vorfällen im Jahr 2020 auf 132 im Jahr 2021 und 115 im Jahr 2022.

2. **Regionale Schwerpunkte**:
– **Golf von Guinea**: Diese Region bleibt trotz eines Rückgangs der Gesamtvorfälle im Vergleich zu früheren Jahren äußerst gefährlich. Im Jahr 2023 gab es 22 gemeldete Vorfälle, darunter drei der vier weltweit gemeldeten Schiffsentführungen. Zudem wurden 14 Besatzungsmitglieder entführt und 75% der weltweit gemeldeten Geiselnahmen ereigneten sich in dieser Region.
– **Somalia**: Erstmals seit 2017 wurde im Dezember 2023 eine erfolgreiche Entführung eines Schiffes durch somalische Piraten gemeldet. Dieser Vorfall unterstreicht die anhaltende Bedrohung durch Piraten in der Region.
– **Südostasien**: Die Straße von Singapur und die Straße von Malakka bleiben problematisch mit zahlreichen Vorfällen von geringfügigen Raubüberfällen. In der Straße von Singapur wurden 2023 insgesamt 37 Vorfälle gemeldet, wobei in 95% der Fälle die Schiffe erfolgreich geentert wurden.

3. **Gefährdung der Besatzung**: Die Bedrohung für die Sicherheit der Besatzungen hat sich ebenfalls verschärft. Im Jahr 2023 wurden 73 Besatzungsmitglieder als Geiseln genommen, 14 entführt und weitere zehn bedroht. Zudem wurden vier Besatzungsmitglieder verletzt und ein Besatzungsmitglied angegriffen.

4. **Gegenmaßnahmen und Empfehlungen**: Das IMB fordert weiterhin eine robuste Präsenz regionaler und internationaler Marinekräfte, um als Abschreckung gegen diese Verbrechen zu wirken. Zudem wird betont, dass Schiffe die besten Managementpraktiken befolgen und Vorfälle rechtzeitig melden sollten, um ein genaueres Verständnis der Risiken zu ermöglichen.

Quellen:

https://iccwbo.org
https://safety4sea.com
https://www.marineinsight.com
https://www.icc-ccs.org


Finanzieller Schaden durch Seepiraterie

Der finanzielle Schaden durch Seepiraterie von 2020 bis 2024 war erheblich und vielschichtig. Laut verschiedenen Studien und Berichten belaufen sich die direkten und indirekten Kosten der Seepiraterie weltweit auf mehrere Milliarden Dollar jährlich.

1. **Gesamtkosten**: Schätzungen zufolge liegen die globalen Kosten der Seepiraterie zwischen 7 und 12 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Diese Summe umfasst direkte Kosten wie Lösegeldzahlungen, erhöhte Versicherungsprämien, Sicherheitsmaßnahmen an Bord und Kosten für Umroutungen sowie indirekte Kosten durch Handelsstörungen und erhöhte Betriebskosten.

2. **Regionale Unterschiede**:
– **Golf von Guinea**: Diese Region ist besonders stark betroffen. Ein Bericht der Organisation Stable Seas zeigt, dass die Piraterie hier erhebliche wirtschaftliche Belastungen für die Küstenstaaten verursacht, sowohl durch direkte Angriffe als auch durch erhöhte Sicherheits- und Präventionsmaßnahmen.
– **Somalia und Golf von Aden**: Trotz eines Rückgangs der Vorfälle in den letzten Jahren bleibt die Region eine potenzielle Gefahr. Die Kosten für Patrouillen und präventive Sicherheitsmaßnahmen bleiben hoch.

3. **Betriebskosten**: Seepiraterie zwingt Reedereien dazu, längere und sicherere Routen zu wählen, was die Fahrtdauer und den Treibstoffverbrauch erhöht. Eine Studie schätzt, dass allein die Vermeidung von Piratengebieten jährliche zusätzliche Betriebskosten von über 1,5 Milliarden US-Dollar verursacht. Hinzu kommen Umweltschäden durch erhöhte Emissionen, die auf etwa 5,1 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt werden.

Zusammengefasst zeigt sich, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der Seepiraterie weit über die unmittelbaren finanziellen Verluste hinausgehen und signifikante langfristige Kosten für die globale Schifffahrtsindustrie und die betroffenen Regionen verursachen.

Quellen:

https://www.unctad.org
https://www.nautilusint.org/en


Moderne Geräte zur Bekämpfung der Seepiraterie

Vielzahl von Technologien, die zur Verbesserung der Sicherheit auf See beitragen. Hier sind einige der wichtigsten Geräte und Systeme:

1. **Maritime Domain Awareness (MDA) Systeme**:
– **Automated Identification Systems (AIS)**: Diese Systeme senden regelmäßig Positionsdaten von Schiffen an Küstenstationen und andere Schiffe, um ihre Position und Geschwindigkeit zu überwachen. AIS hilft bei der frühzeitigen Erkennung verdächtiger Aktivitäten und unterstützt die Koordinierung von Sicherheitsmaßnahmen.
– **Long Range Acoustic Devices (LRAD)**: Diese akustischen Geräte senden gerichtete Schallwellen aus, um Eindringlinge abzuwehren. Sie können verwendet werden, um Warnungen zu übermitteln oder potenzielle Angreifer mit schmerzhaften Tönen zu vertreiben.

2. **Überwachungstechnologien**:
– **Radar- und Sonarsysteme**: Diese Systeme überwachen kontinuierlich die Umgebung eines Schiffes und erkennen andere Schiffe oder ungewöhnliche Aktivitäten in der Nähe. Fortschrittliche Radar- und Sonarsysteme können auch kleine Boote oder Schwimmer erkennen, die sich einem Schiff nähern.
– **Drohnen und unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs)**: Diese Geräte bieten Echtzeit-Überwachung und Aufklärung aus der Luft. Drohnen können verdächtige Aktivitäten frühzeitig erkennen und die Position von Piratenbooten melden.

3. **Physische Barrieren und Abwehrsysteme**:
– **Wassersprühanlagen**: Diese Systeme verwenden Hochdruckwasserstrahlen, um potenzielle Angreifer von der Schiffswand fernzuhalten. Sie sind besonders nützlich, um zu verhindern, dass Piraten Leitern verwenden, um an Bord zu gelangen.
– **Stacheldraht und Barrieren**: Viele Schiffe installieren Stacheldraht entlang der Reling und um den Rumpf, um das Entern zu erschweren.

4. **Kommunikations- und Alarmanlagen**:
– **Notfallalarmsysteme**: Diese Systeme ermöglichen es der Besatzung, schnell Alarm zu schlagen und Hilfe anzufordern. Integrierte Kommunikationssysteme gewährleisten die schnelle Weiterleitung von Notrufen an Küstenwachen und internationale Marineeinheiten.
– **Citadels**: Sichere Räume an Bord, in denen sich die Besatzung im Falle eines Angriffs zurückziehen kann. Diese Räume sind mit Kommunikationsmitteln und Vorräten ausgestattet, um die Besatzung für einen längeren Zeitraum zu schützen.

5. **Elektronische Störsender**:
– **GPS-Jammer und Signalstörer**: Diese Geräte stören die Kommunikations- und Navigationssysteme der Piraten und erschweren so die Koordination und Durchführung ihrer Angriffe.

Moderne Technologien bieten eine Vielzahl von Lösungen zur Abwehr von Piratenangriffen und tragen erheblich zur Sicherheit auf See bei.

 

 

Stichwörter:

Kategorisiert in: ,

  1. Home
  2. Wirtschaft
  3. Halbjahresbericht Seepiraterie: Weniger Angriffe...