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Mangelnde Transparenz und politischer Einfluss in den Rundfunkräten

März 6, 2025 12:14 pm Veröffentlicht von

Studie Otto Brenner Stiftung zeigt erhebliche Defizite

Die Gremien, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland überwachen – Rundfunkräte und Verwaltungsräte – stehen zunehmend in der Kritik. Eine aktuelle Studie der Otto Brenner Stiftung (OBS) zeigt erhebliche Defizite in deren Zusammensetzung und Arbeitsweise auf. Besonders problematisch sind mangelnde Transparenz, eine unzureichende Einbindung der Öffentlichkeit sowie ein weitreichender parteipolitischer Einfluss. Laut der Untersuchung lässt sich bei mindestens 41 Prozent der Mitglieder in den Rundfunkräten und 53 Prozent der Mitglieder in den Verwaltungsräten eine Parteizugehörigkeit feststellen. Besonders bedenklich: Die Entsendung ehemaliger Minister*innen und anderer Parteifunktionäre umgeht faktisch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2014, das vorschreibt, dass höchstens ein Drittel der Aufsichtsgremien von staatlichen oder staatsnahen Akteuren besetzt sein darf.

Studienautor und Medienexperte Peter Stawowy analysierte zwischen April und September 2024 die Hintergründe von 772 Gremienmitgliedern der Aufsichtsgremien von ARD, ZDF, Deutschlandradio und der Deutschen Welle. Sein Fazit: Die derzeitigen Strukturen sind nicht mehr zeitgemäß. Während sich die Mitglieder und die Gremienbüros intensiv bemühen, ihre Kontrollaufgaben bestmöglich zu erfüllen, bleiben entscheidende Fragen offen. Vor allem müsse diskutiert werden, ob die bestehenden Regelungen ausreichen, um den parteipolitischen Einfluss wirksam zu begrenzen. Stawowy kritisiert, dass Positionen, die eigentlich für zivilgesellschaftliche Organisationen vorgesehen sind, durch ehemalige Politiker besetzt werden. Dadurch würden alte Machtstrukturen und parteipolitische Interessen in die Gremien getragen.

Ein weiteres zentrales Problem ist die große Uneinheitlichkeit in der Ausstattung und Organisation der Gremien. Diese Unterschiede betreffen unter anderem die Anzahl der Sitzungen, die Höhe der Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder sowie die personelle und finanzielle Ausstattung der Gremienbüros. Die Arbeitsbelastung der Mitglieder variiert demnach erheblich. Zudem ist oft nicht klar ersichtlich, wie hoch die tatsächlichen Kosten der Gremienarbeit sind. Die verfügbaren Daten zeigen jedoch eine große Spannbreite: Während die Deutsche Welle rund 100.000 Euro für ihre Gremien aufwendet, liegen die Kosten beim WDR bei über zwei Millionen Euro. Angesichts der Tatsache, dass diese Mittel aus Rundfunkgebühren stammen, fordert Stawowy hier dringend mehr Transparenz.

Fehlender Austausch der Gremien mit der Öffentlichkeit

Neben finanziellen Aspekten kritisiert die Studie auch den fehlenden Austausch der Gremien mit der Öffentlichkeit. Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet: In welchem Umfang werden Programminhalte überprüft? Welche Rückmeldungen erhalten die Programmmacher? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Bewertungen? Eine stärkere Einbindung der Zuschauer und Hörer sei entscheidend, um das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu stärken.

Otto Brenner Stiftung

Die Otto Brenner Stiftung betont, dass die Gremien in der aktuellen Debatte um Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu wenig Beachtung finden. Geschäftsführer Can Gülcü ist überzeugt, dass eine stärkere gesellschaftliche Verankerung nur durch eine weitergehende Demokratisierung erreicht werden kann. Reformierte Rundfunkräte müssten eine zentrale Rolle spielen, um die Unabhängigkeit der Sender zu schützen und antidemokratischen Einflüssen entgegenzuwirken.

Die OBS-Studie „Im öffentlichen Auftrag“ liefert umfassende Einblicke in die Zusammensetzung und Arbeitsweise der Rundfunkgremien und stellt die Frage, wie eine zeitgemäße und transparente Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aussehen sollte.

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