
Werbung ohne Einwilligung? Ja, sagt das OLG Hamburg!
Mai 6, 2025 3:09 pmRechtssicherheit für personalisierte Werbung: OLG Hamburg bestätigt Zulässigkeit ohne Einwilligung
Hamburg 2025.– Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG Hamburg) hat mit Urteil vom 27. Februar 2025 (Az. 5 U 30/24) die Handlungsspielräume für Unternehmen bei der Nutzung von Kundendaten für Direktwerbung gestärkt. Die Richter stellten klar: Personalisierte Werbung auf Grundlage vorhandener Kaufdaten ist datenschutzrechtlich zulässig – auch ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Personen.
Berechtigtes Interesse nach DSGVO bestätigt
Der Fall betraf einen Online-Marktplatz, der Bestandskunden auf Basis ihres Kaufverhaltens gezielte Produktempfehlungen anzeigte. Ein Verbraucherverband sah darin eine unzulässige Profilbildung und erhob Klage. Das Gericht entschied jedoch, dass diese Praxis vom sogenannten „berechtigten Interesse“ gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gedeckt sei. Eine tiefgreifende Profilbildung, die eine gesonderte Einwilligung erfordert hätte, liege nicht vor.
Besonders betonte das OLG Erwägungsgrund 47 der DSGVO, der Direktwerbung ausdrücklich als legitimes Interesse benennt – eine Auslegung, die Unternehmen eine wichtige rechtliche Grundlage für werbliche Ansprache im Bestandskundenverhältnis bietet.
Kundenkonto-Pflicht ist zulässig
Ebenfalls relevant für viele Geschäftsmodelle: Die Verpflichtung zur Einrichtung eines Kundenkontos wurde vom Gericht nicht beanstandet. Die Richter erkannten das Interesse des Unternehmens an Sicherheit und Vertragserfüllung als gerechtfertigt an. Ein verpflichtender Login sei daher datenschutzrechtlich zulässig; ein Gastzugang müsse nicht zwingend angeboten werden.
Konsequenzen für Unternehmen
Für Unternehmer bedeutet das Urteil mehr Rechtssicherheit bei der Nutzung von Kundendaten – vorausgesetzt, die Verarbeitung erfolgt:
verhältnismäßig (z. B. keine tiefgreifende Profilanalyse),
transparent (Informationen in Datenschutzerklärungen),
widerspruchsoffen (einfache Opt-Out-Möglichkeit für Betroffene).
Insbesondere im E-Commerce, im Kundenbeziehungsmanagement (CRM) und in der Produktkommunikation bietet die Entscheidung eine praxisnahe Grundlage, datenschutzkonforme Marketingmaßnahmen effizient umzusetzen.
Fazit
Das Urteil stellt eine richtungsweisende Bestätigung dar, dass datengetriebenes Marketing und Datenschutz kein Widerspruch sein müssen – sofern Unternehmen strukturiert, nachvollziehbar und im Sinne der DSGVO handeln. Wer auf klare Prozesse, transparente Kommunikation und dokumentierte Abwägungen setzt, kann auch ohne Einwilligung wirksame Direktwerbung betreiben.
Quellen
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 27. Februar 2025, Az. 5 U 30/24
Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), insbesondere Art. 6 Abs. 1 lit. f sowie Erwägungsgrund 47
Fachkommentare und juristische Kurzanalyse (z. B. Beck-Online, juris, LTO; Stand: Mai 2025)
Redaktionelle Infos
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Nutzung von online recherchierten oder von Dienstleistern erworbenen Kundendaten für Direktwerbung
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Nutzung von online recherchierten oder von Dienstleistern erworbenen Kundendaten für Direktwerbung ohne ausdrückliche Einwilligung zulässig sein. Dies gilt insbesondere für postalische Werbung und basiert auf dem sogenannten „berechtigten Interesse“ gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO.
Voraussetzungen für die Zulässigkeit:
Rechtsgrundlage: Die Verarbeitung muss auf einem berechtigten Interesse beruhen, das nicht durch die Interessen oder Grundrechte der betroffenen Person überwiegt.
Transparenz: Betroffene müssen gemäß Art. 14 DSGVO über die Datenverarbeitung informiert werden, insbesondere wenn die Daten nicht direkt bei ihnen erhoben wurden.
Widerspruchsrecht: Es muss ein einfaches und jederzeit ausübbares Widerspruchsrecht gegen die Verarbeitung zu Werbezwecken eingeräumt werden (Art. 21 Abs. 2 DSGVO).
Datenquelle: Die Daten sollten aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen oder rechtmäßig von Dritten erworben worden sein.
Werbekanal: Die Zulässigkeit hängt auch vom verwendeten Werbekanal ab. Für E-Mail- oder Telefonwerbung gelten strengere Anforderungen, oft ist eine vorherige Einwilligung erforderlich.
Rechtsprechung und Behördenmeinung
OLG Stuttgart: Das Gericht entschied, dass der Erwerb und die Nutzung von Adressdaten für postalische Werbung ohne vorherige Einwilligung zulässig sein können, sofern die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
EuGH: Der Europäische Gerichtshof bestätigte, dass wirtschaftliche Interessen an der Datenverarbeitung zu Werbezwecken ein berechtigtes Interesse darstellen können, solange die Verarbeitung transparent ist und die Rechte der Betroffenen gewahrt bleiben.
Fazit
Unternehmer können unter bestimmten Bedingungen Kundendaten, die online recherchiert oder von Dienstleistern erworben wurden, für Direktwerbung nutzen. Es ist jedoch essenziell, die datenschutzrechtlichen Vorgaben sorgfältig zu prüfen und einzuhalten, insbesondere hinsichtlich Transparenz, Widerspruchsmöglichkeiten und der Wahl des Werbekanals.
Stichwörter: Kampagnen, Werbung, Zielgruppe
Kategorie: News, Recht, Wirtschaft